Urteil zu Adressbuchschwindel
Urteil: Versand täuschender Angebotsformulare untersagt ("Adressbuchschwindel")
Angebotsformularen, deren Werbecharakter dadurch getarnt wird, dass der Eindruck vermittelt wird, die beworbene Dienstleistung sei bereits bestellt, fehlt es an einer hinreichend klaren und eindeutigen Erkennbarkeit. Sie stellen damit eine unzulässige Verschleierung des Werbecharakters und eine unzulässige Irreführung dar.
Hintergrund:
Eine Firma versandte zwei unterschiedliche Fassungen eines Formulars, mit denen sie für kostenpflichtige Einträge in Online-Branchenbücher warb. Betroffen von dem Versand waren in erster Linie Schornsteinfeger und Ärzte.
Der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW), hatte eine Abmahnung wegen irreführender Werbung ausgesprochen. Nachdem keine Unterlassungserklärung abgegeben worden war, rief der DSW das Landgericht Saarbrücken an.
Entscheidung:
Das Landgericht Saarbrücken hat die Angebotsformulare als täuschend eingestuft und deren Versand untersagt (LG Saarbrücken, Urteil vom 13.5.2015, Az. 7 HK O 4/15).
Die Formulare richteten sich u.a. an selbständige Schornsteinfegermeister, also Personen, die allgemeinen Schriftverkehr des Unternehmensalltags kennen und täglich bearbeiten. Aber gerade Selbständige stehen oft unter Zeitdruck und überfliegen den Inhalt der Schreiben mehr, als dass sie ihn aufmerksam zur Kenntnis nehmen. Gerade diese Situation wurde ausgenutzt.
Die Werbung der Firma war darauf angelegt, den flüchtigen Betrachter in seinem ersten unzutreffenden Eindruck zu bestätigen, es bestehe bereits ein Vertragsverhältnis mit der Firma.
Die Angebotsformulare enthielten Elemente, die an einen Korrekturabzug erinnerten, wie z.B. die Zwischenüberschrift "Bitte Daten auf ihre Richtigkeit prüfen und ggf. ergänzen". Soweit in dem Schreiben zwar der richtige Absender angegeben war, so geschah dies unterhalb der blickfangmäßigen Zeile "Zentrales Ärzteregister" bzw. der Abbildung eines vierblättrigen Kleeblattes mit darüber stehenden Angaben zum Tätigkeitsbereich des Schornsteinfegers in einer wesentlich kleineren Schrift. Dass es sich lediglich um eine "Offerte" handelte, stand lediglich klein in dem Fließtext unterhalb der Überschrift "Bezug: "Grundeintrag".
In dem Kästchen mit der Überschrift "Veröffentlichung / Leistungsbezug / Eintragung 2014/2015" stand "Offerten Datum" und "Offerten Nummer". Es ist im Geschäftsleben üblich, dass Angebotsnummern auch in späteren Schreiben wiederholt werden, zumal Angebotsnummern üblicherweise nur dann vergeben werden, wenn auf Anfrage ein konkretes Angebot abgegeben wird. Auch die Angabe "Bezug Grundeintragung" vermittelte den Eindruck, es gebe bereits entsprechenden Schriftverkehr mit dem Absender. Auch dass vorgesehen war, die Rückantwort per Fax an die im rechten oberen Feld in großen Ziffern angegebene Faxnummer zu schicken, bezweckt, dass der Adressat nicht lange darüber nachdenkt, ob er das Schreiben zurückschickt.
Die von der Firma versandten Formulare enthielten zudem nicht die für eine Werbung typische Anpreisung der beworbenen Ware oder Dienstleistung. Für den Adressaten war daher nicht ohne weiteres erkennbar, welche Dienstleistung überhaupt angeboten wird.
Die beanstandeten Formulare vermitteln bei flüchtiger Betrachtung den unzutreffenden Eindruck, die beworbene Leistung sei bereits bestellt. Hierauf legt es die Firma auch an, da angesichts des verlangten Preises allein für den sogenannten "Grundeintrag" von 1270,72 Euro für zwei Jahre nicht ernsthaft davon ausgegangen werden konnte, dass ein Empfänger, der sich mit dem Angebot ernsthaft befasst, dieses annehmen würde.