Ab 2018 neues Bauvertragsrecht

Der Bundestag hat die Reform des Mängelgewährleistungs- und Bauvertragsrechts in seiner Sitzung vom 10. März 2017 verabschiedet. Die Reform berücksichtigt Forderungen des Handwerks und verbessert die Rechtslage für Handwerksbetriebe insbesondere hinsichtlich des Gewährleistungsrechts. Das Gesetz wird am 1. Januar 2018 in Kraft treten.

1. Mängelgewährleistungsrecht

Das gesetzliche Gewährleistungsrecht wird um einen Anspruch auf Ersatz von Aus und Einbaukosten ergänzt. Einen solchen Ersatzanspruch gab es bislang nicht. Im parlamentarischen Verfahren konnte erreicht werden, dass der neu eingeführte Gewährleistungsanspruch deutlich erweitert wurde. Der Anspruch umfasst neben den Kosten für ein- und wieder ausgebaute Materialien zudem Kosten für das erneute Anbringen von Materialien, die zuvor an eine andere Sache angebracht wurden. Der Begriff des "Anbringens" zielt unter anderem auf zahlreiche Tätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks, des Raumausstatterhandwerks oder des Rollladen- und Sonnenschutztechnikerhandwerks ab. Insgesamt werden damit nahezu sämtliche Tätigkeiten erfasst, die in der Vergangenheit in die „Haftungsfalle“ für Handwerker führen konnten.

Des Weiteren erhalten Handwerker das Recht zur Wahl der Nachbesserung. Sie entscheiden, ob der Materiallieferant ihnen Geldersatz leisten muss oder der Lieferant selbst die erforderliche Mängelbeseitigung beim Kunden durchführen muss.

Eine gesetzliche AGB-Festigkeit hat der Bundestag nicht beschlossen.

Die Abgeordneten gehen davon aus, dass die bewährte Rechtsprechung des BGH einen ausreichen-den Schutz für die Betriebe bietet. Diese Auffassung hat der Rechtsausschuss des Bundestags in einer Protokollerklärung ausdrücklich hervorgehoben.

2. Bauvertragsrecht

Große praktische Bedeutung für die kleinen und mittleren Betriebe des Handwerks werden auch die neuen Regelungen des Bauvertragsrechts haben. Insgesamt handelt es sich um eine gravierende Umgestaltung des Rechtsrahmens für die gesamte Bauwirtschaft, die letztendlich in ihren Auswirkungen noch nicht vollends abgeschätzt werden kann. Erfreulicherweise konnte das Handwerk gegenüber den ursprünglichen Überlegungen und Gesetzentwürfen erhebliche Verbesserungen erreichen.

bei den jetzt verabschiedeten Regelungen konnten vom Handwerk und den Bauverbänden erhebliche Änderungen zu Gunsten der Betriebe erreicht werden. Insgesamt wird sich das Handwerk auf die folgenden Neuregelungen einzustellen haben:

Abschlagszahlungen

Künftig sollen sich Abschlagszahlungen (§ 632a BGB) am Wert der erbrachten Leistungen orientieren. Die aktuell noch geltende Regelung stellt auf den schwierigen Begriff des Wertzuwachses ab. Es entspricht daher einer schon lange vom Handwerk erhobenen Forderung, die gesetzliche Regelung an dieser Stelle der VOB anzugleichen.

Fiktive Abnahme

Bei der Abnahme kann der Besteller künftig die fiktive Abnahme (§ 640 Abs. 2 BGB) nicht durch einfaches Schweigen zur Abnahmeaufforderung verhindern, wie ursprünglich geplant.

Definition Bauvertrag

Auch konnten Handwerk und den Bauverbände erreichen, dass zur Definition des Bauvertrags (§ 650a BGB) in der Gesetzesbegründung noch einmal ein klarstellender Hinweis aufgenommen wurde. Nur grundlegende Sanierungsarbeiten, etwa an Brücken, sollen darunter zu verstehen sein. Damit ist ausgeschlossen, dass bereits Verträge etwa über den Austausch von Lüftungsfiltern unter das Regime des Bauvertragsrechts mit seinen weitreichenden Rechtsfolgen fallen.

Einseitiges Anordnungsrecht und Nachtragsvergütung

Im Zusammenhang der Einführung eines eigenständigen Bauvertragsrechts wird nun im Gesetz auch ein Anordnungsrecht des Bestellers (§ 650b BGB) sowie die Vergütungsanpassung bei Anordnung (§ 650c BGB) ausdrücklich geregelt. Als Erfolg für das Handwerk und die Bauwirtschaft ist zu werten, dass eine Aufweichung der VOB/B bei der Preisanpassung für Nachträge verhindert werden konnte.

Beweiserleichterung bei einstweiliger Verfügung

Das von der Arbeitsgruppe im BMJV sowie von der Bauwirtschaft geforderte schnelle Streitbeilegungsverfahren hat dagegen keinen Eingang in den jetzt verabschiedeten Entwurf gefunden. Stattdessen wird mit § 650d BGB eine Regelung geschaffen, die für Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Streitigkeiten über das Anordnungsrecht oder die Vergütungsanpassung Beweiserleichterungen vorsieht.

Bauhandwerkersicherung

Erfreulich ist die Änderung im Recht der Bauhandwerkersicherung. Das Handwerk hatte hier schon immer das Verbraucherprivileg kritisiert. Nunmehr regelt § 650f BGB (aktuell noch § 648a BGB), dass das Privileg für Verbraucher nur für den Abschluss eines Verbraucherbauvertrags (§ 650i BGB) gilt. Hierunter fällt im Wesentlichen der Bereich des schlüsselfertigen Bauens. Die Erbringung von einzelnen handwerklichen Dienstleistungen wie etwa die Neueindeckung eines Dachs oder der Einbau einer neuen Heizung fallen aus der Privilegierung heraus.

Zustandsfeststellung nach Verweigerung der Abnahme

Als für die Handwerksbetriebe von Vorteil kann sich auch die neu geregelte Zustands-feststellung nach Verweigerung der Abnahme (§ 650 g BGB) erweisen. Verweigert der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln, hat er auf Verlangen des Unternehmers an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitzuwirken. Die Neuregelung ist besonders in den Fällen interessant, in denen dem Besteller das Werk bereits verschafft worden ist. Abs. 3 der Vorschrift enthält hier eine gesetzliche Vermutung, dass ein Mangel vom Besteller zu vertreten ist, wenn in der Zustandsfeststellung ein offenkundiger Mangel nicht angegeben wird.

Prüffähige Schlussrechnung

Eine weitere Regelung wird mit § 650g Abs. 4 BGB Eingang in das Gesetz finden. Damit tritt die prüffähige Schlussrechnung neben die Abnahme, was in VOB/B-Verträgen bereits seit Jahrzehnten geübte Praxis und zu begrüßen ist.

Verbraucherbauvertrag

Nach der Definition des Verbraucherbauvertrags in § 650i BGB sollen darunter Verträge zu verstehen sein, durch die der Unternehmer von einem Verbraucher zum Bau eines neuen Gebäudes oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet wird.

Hierunter wird etwa der gesamte Bereich des schlüsselfertigen Bauens zu fassen sein. Entsprechende Leistungen werden von Handwerksbetrieben seltener angeboten. Einzelleistungen von Handwerkern wie das Decken eines neuen Dachs, der Austausch einer Heiztherme oder der Einbau neuer Fenster werden nicht als erhebliche Umbaumaßnahmen angesehen. Nach der Gesetzesbegründung sollen unter diesen Begriff nur Maßnahmen fallen, die dem Bau eines neuen Gebäudes vergleichbar sind. Beispielsweise sind Baumaßnahmen, bei denen nur die Fassade eines alten Gebäudes erhalten bleibt, Verbraucherbauverträge. Maßgeblich sollen Umfang und Komplexität des Eingriffs sowie das Ausmaß des Eingriffs in die bauliche Substanz des Gebäudes sein.

Handwerksunternehmen, die unter § 650i BGB fallende Leistungen anbieten, werden sich auf die neuen gesetzlichen Bestimmungen einzustellen haben. Zu beachten sind hier die Baubeschreibungspflicht (§ 650j BGB), die Regelungen über den Vertragsinhalt (§ 650k BGB), das auch schon aus anderen Verbraucherverträgen bekannte Widerrufsrecht (§ 650l BGB) sowie die nur eingeschränkte und an eine Sicherheitsleistung gekoppelte Möglichkeit, Abschlagszahlungen zu verlangen (§ 650m BGB).

Einrichtung von Baukammern und Bausenaten

Im prozessualen Bereich wird eine seit langem bestehende Forderung des Handwerks aufgegriffen und durch §§ 72a, 119a GVG flächendeckend die Einrichtung von Baukammern bei Landgerichten und Bausenaten bei Oberlandesgerichten beschlossen. Darüber hinaus werden Verfahren über das Anordnungsrecht (§ 650b BGB) sowie die Nachtragsvergütung (§ 650c BGB) unabhängig vom Streitwert auf die Landgerichte übertragen (§ 71 GVG).

 

HINWEIS

Die neuen gesetzlichen Bestimmungen werden am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Weitere Informationen und Übersichten für Handwerksbetriebe zum neuen Recht werden zurzeit erarbeitet.