Beschluss: Arbeitnehmereigenschaft des mitarbeitenden Gesellschafters einer GmbH

Verfügt ein in einer GmbH mitarbeitender Gesellschafter über genau 50 % der Stimmrechte ohne die Leitungsmacht bezüglich des Tagesgeschäfts zu haben, ist er Arbeitnehmer. 

Der Fall:
Der Gesellschafter und Kläger hat die GmbH mit einem Mitgesellschafter gegründet. Beide Gesellschafter besitzen jeweils 50 % der Gesellschaftsanteile und waren bis zum Jahr 2008 auch Geschäftsführer.

Der Gesellschaftsvertrag enthält unter anderem eine Bestimmung, wonach die Erteilung von Weisungen an die Geschäftsführer nur mit 75 v. H. aller Gesellschafter beschlossen werdenkann. Daneben enthält der Gesellschaftervertrag eine Liste von "besonderen" Geschäften, für die die Zustimmung der Gesellschafterversammlung einzuholen ist. 

Im Jahr 2008 beschlossen die Gesellschafter die Geschäftsführung abzugeben. Der Kläger schloss im Anschluss einen Arbeitsvertrag als technischer Angestellter ab. Der Vertrag enthält und detaillierte Regelungen in Bezug auf die Tätigkeit des Klägers, das Entgelt, die wöchentliche Arbeitszeit und den Urlaub. Über die Durchführung des Arbeitsvertrags kam es zu Auseinandersetzungen, die schließlich zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung des Klägers durch die GmbH führte. 

Hiergegen richtet sich die vom Kläger beim Arbeitsgericht erhobene Kündigungsschutzklage. Umstritten war, ob es sich um ein Arbeitsverhältnis handelte und die Arbeitsgerichtbarkeit über den Fall entscheiden durfte. 

Die Entscheidung:
Das Gericht entschied, dass der Gesellschafter zum Zeitpunkt der Kündigung Arbeitnehmer der GmbH war. 

Mit genau 50% der Stimmrechte ist er nicht Mehrheitsgesellschafter der GmbH. Er war tatsächlich an die Weisungen des Geschäftsführers gebunden - d.h. er selbst besaß keine Weisungsbefugnis gegenüber dem Geschäftsführer. 

In konkreten Fall konnte der Kläger auch nicht über eine Sperrminorität einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft ausüben, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich doch noch eine Leitungsmacht gehabt hätte. 

Erklärung:
Gesellschafter können grundsätzlich in einem Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft stehen, deren Gesellschafter sie sind. 

Die Arbeitnehmereigenschaft wird dann durch die Rechtsprechung abgelehnt, wenn ein Gesellschafter als Kapitaleigner einen so großen Einfluss auf die Führung der Gesellschaft hat, dass er über seine Gesellschafterstellung letztlich auch die Leitungsmacht hat. In diesem Fall unterliegt er nicht dem Weisungsrecht des Geschäftsführers. Ob ein solcher Einfluss besteht, richtet sich in erster Linie nach den Stimmrechtsverhältnissen. Dementsprechend kann regelmäßig ein Gesellschafter, dem mehr als 50 % der Stimmrechte zustehen, nicht zugleich Arbeitnehmer dieser Gesellschaft sein. Auch der Minderheitsgesellschafter ist bei Bestehen einer Sperrminorität im Regelfall kein Arbeitnehmer. 

Diesem Verständnis entspricht auch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Frage, ab wann ein mitarbeitender Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sozialversicherungsfrei ist.

Die mitarbeitenden Gesellschafter sind nur dann Selbständige und sozialversicherungsfrei, wenn mit der Kapitalbeteiligung zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist, etwa durch ein dem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht oder in Form einer Sperrminorität, und wenn der Gesellschafter damit rechtlich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner Tätigkeit abzuwehren. In derartigen Fällen fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit. 

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 17.9.2014, 10 AZB, 43/14, abrufbar unter

bundesarbeitsgericht.de