Beweisbarkeit des Zugangs einer Willenserklärung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat an seiner Rechtsprechung festgehalten, wonach der "OK-Vermerk" des Telefax-Sendeprotokolls keinen Beweis sondern lediglich ein "Indiz" für den Zugang der Erklärung darstellt (Beschluss vom 21.07.2011 - Az.: IX ZR 148/10). 

In neuerer Zeit hatten Oberlandesgerichte eine andere Auffassung mit der Begründung vertreten, dass beim dem heutigen Stand der Technik das Risiko von Störungen so gering zu bewerten sei, dass man vom Zugang des per Fax versendeten Schreibens davon ausgehen könne, wenn der Absender einen OK-Vermerk vorlegt. 

Dieser Entwicklung ist der BGH entgegengetreten und hat in seinem (auch im Jahr 2015 noch) aktuellen Beschluss hervorgehoben, der "OK-Vermerk" belege lediglich das Zustandekommen der Verbindung, nicht aber die erfolgreiche Übermittlung. Der BGH führt dazu aus, dass bei einer Telefax-Übermittlung die ordnungsgemäße, durch einen "OK"-Vermerk unterlegte Absendung eines Schreibens über ein bloßes Indiz hinaus nicht den Anscheinsbeweis für dessen tatsächlichen Zugang bei dem Empfänger begründet. Der "OK"-Vermerk gibt dem Absender keine Gewissheit über den Zugang der Sendung, weil er nur das Zustandekommen der Verbindung, aber nicht die erfolgreiche Übermittlung belegt. Hinsichtlich des Zugangs ist er jedoch lediglich ein Indiz. 

Im zu entscheidenden Fall hat der BGH von einer Vernehmung der seitens des Absenders des Schreibens benannten Zeugen abgesehen, weil diese nur Bekundungen zur Absendung, aber nicht zum Zugang des Telefax-Schreibens machen können. Für die Einholung des beantragten Sachverständigengutachtens war kein Raum, weil das seinerzeit vom Empfänger des Schreibens betriebene Faxgerät nicht mehr vorhanden ist und daher die gebotene Berücksichtigung individueller Gerätefehler oder Geräteeinstellungen ausscheidet. 

Es stellt sich somit nach wie vor die Frage, wie der Zugang von Erklärungen bewiesen werden kann. Hier ein Überblick der gängigsten Möglichkeiten im Hinblick auf ihre Beweissicherheit: 

Überblick 

Einfacher Brief
Das Schreiben wird in einen einfachen, frankierten Briefumschlag gesteckt und an den Empfänger abgesendet.
Nachteil: Keine Beweismöglichkeit über Ein- oder Auslieferung des Briefes. 

Einschreiben/Rückschein
In diesem Fall muss der Empfänger dem Postboten auf dem Rückschein quittieren, dass er das Einschreiben erhalten hat. Damit kann grundsätzlich der Zugang eines Umschlags belegt werden. Ob sich die streitgegenständlich Erklärung in dem Umschlag befand, ist nicht nachweisbar. 

Daher sollte man einen Zeugen dafür haben, dass in dem Umschlag auch das entsprechende Schreiben enthalten war. Am besten bittet man also jemanden, das Schreiben zu lesen, selbst in das Kuvert zu stecken und bei der Post aufzugeben.
Nachteil: Das Problem bei dieser Versandart ist, dass der Empfänger die Annahme des Einschreibens verweigern kann. In diesem Fall liegt kein wirksamer Zugang vor. 

Einschreiben/Einwurf
Das Einwurf-Einschreiben wird in den Briefkasten, das Postfach oder eine andere Empfangsvorrichtung des Empfängers eingelegt und der Zusteller bestätigt das durch seine Unterschrift. Damit kann wieder nur grundsätzlich der Zugang eines Umschlags belegt werden. Ob sich die streitgegenständlich Erklärung in dem Umschlag befand, ist nicht nachweisbar.
Daher sollte man einen Zeugen dafür haben, dass in dem Umschlag auch das entsprechende Schreiben enthalten war. Am besten bittet man also jemanden, das Schreiben zu lesen, selbst in das Kuvert zu stecken und bei der Post aufzugeben. 

Hinweis:
Die Beweiskraft des Einwurf-Einschreibens ist in der Rechtsprechung immer wieder angezweifelt worden. Der Bundesgerichtshofe sieht jedoch zumindest einen Anscheinsbeweis für den rechtzeitigen Zugang erbracht, sofern das ordnungsgemäße Zustellungsverfahren vom Zusteller eingehalten wurde (so BGH, Urteil vom 25.01.2012 – Az.: VIII ZR 95/11). 

Zustellung durch Gerichtsvollzieher
Am beweissichersten lässt sich der Zugang bei der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher bewerkstelligen. Bei dieser Zustellungsart übersendet der Absender das zuzustellende Schriftstück an den Gerichtsvollzieher mit der Aufforderung, das Schriftstück an den Empfänger zuzustellen. Der Gerichtsvollzieher trägt auf der Zustellungsurkunde u.a. das genaue Datum, Uhrzeit und Ort der Zustellung sowie die Person des Empfängers ein und übersendet die Zustellungsurkunde zurück an den Absender. Hierbei ist allerdings der Zeit- und Kostenaufwand zu beachten, vor allem wenn der Ablauf einer Frist droht. 

Telefonische Rückfrage beim Empfänger
Wird ein Schreiben z.B. per Fax oder E-Mail versandt, sollte im Anschluss an den Sendevorgang jedoch eine als Zeuge geeignete Person beim Empfänger anrufen und sich den Inhalt der Erklärung bestätigen lassen. Über dieses Gespräch sollte ein schriftlicher Vermerk erstellt werden, der neben Datum und Uhrzeit des Gesprächs, Namen des Zeugen auch den Namen des Gesprächpartners und den wesentlichen Inhalt des Gesprächs wiedergibt.
Nachteil: Von der Mitwirkung des Empfängers abhängig, umständlich, nur bedingt beweisgeeignet 

Empfangsbestätigung anfordern
Wurde eine Erklärung per Fax verschickt, kann der Empfänger direkt im Fax dazu aufgefordert werden, das Schreiben ebenfalls per Fax unverzüglich unterschrieben zurückzusenden.
Nachteil: Von der Mitwirkung des Empfängers abhängig, umständlich 

Mehrfache Versendung
Eine Möglichkeit, Vertragspartnern, die den Zugang einfach bestreiten "den Wind aus den Segeln zu nehmen", besteht darin, Schriftverkehr parallel auf verschiedenen Wegen zu versenden, z. B. vorab per Fax (Sendebericht aufheben), dann mit der Post und zusätzlich per E-Mail. Wer dann noch bestreitet, eine Erklärung erhalten zu haben, wird irgendwann unglaubwürdig.
Nachteil: Einen echten Zugangsnachweis erhält man damit nicht. 

Persönliche Übergabe mit Zeugen
Das Schreiben sollte dem Empfänger unter Beisein eines Zeugen übergeben werden. Auf diese Weise lässt sich der Zugang einer Willenserklärung einwandfrei nachweisen. Es ist auch möglich, das Schreiben dem Zeugen auszuhändigen, damit dieser es persönlich übergibt. 

Übergabe durch Boten
Die Erklärung wird bei dieser Möglichkeit durch vertrauenswürdigen Boten überbracht, der später in einem möglichen gerichtlichen Verfahren als Zeuge aussagen kann. Das Schreiben sollte dem Boten zum Lesen gegeben werden, durch ihn oder in seinem Beisein in den Versandumschlag gesteckt und dieser verschlossen werden, so dass der Bote später bestätigen kann, was sich in dem Umschlag befand. Dieser Umschlag wird durch den Boten in den Briefkasten des Empfängers eingeworfen. Der Bote sollte schriftlich notieren,wo und wann (Ort - genaue Adresse, Datum, Uhrzeit) er den Brief abgegeben hat. 

Schriftformerfordernis
Von der Zugangsproblematik, die alle Erklärungen betrifft, ist das Schriftformerfordernis zu unterscheiden! Ist durch Gesetz die schriftliche Form vorgeschrieben, so muss das Original von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden. Der Zugang ist erst dann bewirkt, wenn der Empfänger das Original ausgehändigt bekommt. Die Übermittlung per Telefax, Computerfax und E-Mail, selbst mit eingescannter Unterschrift ist nicht rechtsverbindlich, denn der Empfänger erhält kein Original, sondern lediglich eine Kopie.   

    
Stand: Juni 2015