11.03.2022 - erschienen in: Deutsches Handwerksblatt Nr. 4, Regionalausgabe PfalzKfW-Bauförderstopp: Falsches Signal für Handwerk und Klimaschutz
Nachwuchssorgen, explodierende Material- und Energiepreise, Lieferkettenprobleme – die Herausforderungen für viele Handwerksbetriebe sind derzeit enorm. Nun wirkt sich auch noch der Förderstopp der Bundesregierung negativ auf den Neubau von Effizienzhäusern und -gebäuden und somit auf die Bauwirtschaft aus.
Am 24. Januar hat die Bundesregierung ihre Förderbank KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) angewiesen, die energiewirtschaftlichen Förderprogramme für Gebäude zu stoppen. Seit diesem Tag wurden keine neuen Anträge auf KfW-Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) mehr entgegengenommen. Dies galt für alle Effizienzhäuser und -gebäude 55 und 40 im Neubau sowie für die energetische Sanierung. Nicht betroffen sind die vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) geförderten Einzelmaßnahmen an der Gebäudehülle und der Anlagentechnik. Das ist die gute Nachricht für viele Installateure und Heizungsbauer, Isolierer oder Dachdecker, die Dienstleistungen für ihre Kunden anbieten, die weiterhin von der BAFA gefördert werden.
Der KfW-Förderstopp kam überraschend und betrifft sowohl gewerblich genutzte Gebäude als auch den privaten Wohnungsbau und vor allem Hausbauer, die die staatliche Fördersumme in ihre Finanzierung eingeplant haben. Für das Bauhandwerk stellt der plötzliche Förderstopp neben Lieferengpässen, stark gestiegenen Rohstoffund Energiepreisen und dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel eine zusätzliche Belastung dar. Und trotz der derzeit guten Auftragslage im Baugewerbe ist anzunehmen, dass die unerwartete politische Entscheidung massiv in die Planung vieler Handwerksbetriebe eingreift.
Bisher ist man davon ausgegangen, dass die Förderung nur für Häuser der Effizienzhaus (EH)-Stufe 55 auslaufen würde. Doch die Fördertöpfe sind leer, sagt der Bundesminister für Energie und Wirtschaft, Robert Habeck. Der Bauförderstopp ist in Zeiten ohnehin steigender Hausbaupreise noch eine weitere finanzielle Bürde für Bauwillige. Auch warnen die Chefökonomen der deutschen Banken vor höheren Finanzierungszinsen für Immobilien; sie gehen von einem Anstieg zum Ende des Jahres oder zu Beginn des Folgejahres aus. Dabei könnte bereits ein geringer Zinsanstieg bei finanzierten Hausbauprojekten ins Gewicht fallen.
Nach einem Anstieg der Hausbaupreise von über sechs Prozent im vergangenen Jahr rechnet der Zentralverband Deutsches Baugewerbe für 2022 mit einem weiteren Zuwachs von vier Prozent für den Neubau eines Hauses. Hinzu kommen noch die Kosten für die energieeffiziente Ausstattung des Hauses, für die der Bauherr nun keine Förderung mehr erhält. Diese Entwicklung gefährdet das Ziel der Bundesregierung, mehr bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen. Auch klimapolitisch ist die Einstellung des Förderprogramms ein „fatales Signal“, sagt der Zentralverband des Deutschen Handwerks. „Die sofortige Einstellung der KfW-Klimaschutzförderungen ist den Klimaschutzzielen abträglich und geradezu widersinnig. Der für alle Beteiligten gänzlich unerwartet verkündete Stopp sämtlicher KfW-Gebäudeförderung widerspricht allen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Klimatransformation im Gebäudebereich“, kritisiert ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke.
Bauherren, Finanzierungspartnern und auch den beteiligten Handwerksbetrieben wie Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker, Dachdecker oder die elektrotechnischen Berufe sind durch diese Maßnahme jegliche Planungssicherheit und das Vertrauen in eine verlässliche Förderpolitik abhandengekommen. Energieeffizientes Bauen wird so ausgebremst.
Nach anfänglicher Unsicherheit über die Verfahrensweise mit bereits beschiedenen Förderanträgen wurde nun nachgebessert: Alle Förderanträge, die bis zum 23. Januar 2022 bei der KfW eingegangen sind, werden nach den bisher geltenden Förderkonditionen bearbeitet. Zwar hat der Haushaltsausschuss nun aufgrund der Proteste mittlerweile weitere 9,5 Milliarden Euro Bundesförderung für energetische Gebäudesanierungen bewilligt, doch bleibt es dabei, dass beim Neubauförderprogramm nach der Effizienzhaus-Stufe 55 nur noch Altanträge abgearbeitet werden.
Die angekündigte inhaltliche Neuausrichtung der Effizienzförderung für Neubauten (EH40) sowie für ganzheitliche Sanierungen bleibt zunächst weiterhin offen. Diese Unwägbarkeiten empfinden nicht nur die Bauherren und Sanierungswilligen als Zumutung. Als „Schock“ bezeichnet der Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Rheinland-Pfalz den abrupten Förderstopp: „Mit dem Stopp der Förderung stellt die Bundesregierung die Ampel falsch, Bauherren und Bauwirtschaft werden im Stich gelassen und umfassender Klimaschutz gefährdet“, so Thomas Weiler. Mit dem jetzigen Stopp würden allein 20 Mrd. Euro an Fördersummen und damit zusammenhängende Bauinvestitionen im Milliardenbereich verhindert, erklärt die Bauwirtschaft Rheinland-Pfalz in ihrer Mitteilung vom 25. Januar.
Bei Fragen zur Förderung energetischer Sanierungsvorhaben steht Ihnen die Betriebsberatungsstelle der Handwerkskammer gerne zur Verfügung. Kontakt: Max Becker, Tel.: 0631/3677-108; E-Mail: mbecker@hwk-pfalz.de.
Kommentar
Von Dirk Fischer, Präsident der Handwerkskammer der Pfalz
Vorausschauen statt stoppen
Eigentlich sollte es von gesamtwirtschaftlichem Interesse sein, mit einer nachhaltigen, energetischen Bauweise und Sanierung zum Klimaschutz beizutragen. Und viele Hausbesitzer wollen das auch tun. Doch wie passen die ambitionierten Klimaschutzziele der Bundesregierung mit dem unerwarteten Förderstopp zusammen?
Mit der Einstellung der KfW-Bauförderung gefährdet die Bundesregierung die erfolgreiche Umsetzung der Klimatransformation im Gebäudebereich – ganz zu schweigen von der unbedingt erforderlichen Planungssicherheit für Bauherren, Investoren, Planer, Finanzierungspartner und die betroffenen Handwerksbetriebe, die durch eine Erhöhung der Finanzierungszinsen noch weiter untergraben wird.
In die Höhe schießende Energiepreise, fehlende Nachwuchs- und Fachkräfte, Lieferschwierigkeiten und die damit einhergehende Verteuerung der Baustoffe sind schwerwiegende Probleme, mit denen viele Handwerksunternehmen derzeit zu kämpfen haben.
Diese schwierige Situation darf nicht noch durch den abrupten Abbruch von sinnvollen und gut genutzten Gebäudeförderprogrammen verschärft werden. Im Gegenteil: Wir fordern von der Bundesregierung schnellstmöglich ein neues langfristiges Förderprogramm, das Planungs- und Rechtssicherheit gewährleistet und das Erreichen der CO2-Minderung und der Klimaschutzziele im Baubereich nicht konterkariert. Dazu eine vernünftige, vorausschauende Energiepolitik, die die Unternehmen nicht noch zusätzlich mit überhöhten Kosten belastet.