Urteil: Beweislastumkehr beim Verbrauchsgüterkauf

Beim Verbrauchsgüterkauf, der Veräußerung von beweglichen Sachen durch Unternehmer an Verbraucher, gilt für die Dauer der ersten sechs Monate nach Übergabe eine Beweislastumkehr. Zeigt sich innerhalb dieses Zeitraums ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war.
Der Bundesgerichtshof hat in den Fällen, in denen aufgrund Zerstörung der Sache nicht mehr feststellbar war, ob ein Sachmangel vorliegt oder dieser auf ein Verhalten des Käufers zurück zu führen ist, die Beweislastumkehr ausgeschlossen.
Abweichend hiervon hat der Europäische Gerichtshof am 4. Juni 2015 entschieden, dass der Verbraucher nur das Vorliegen der Vertragswidrigkeit beweisen muss, nicht jedoch den Grund hierfür oder den Umstand, dass diese dem Verkäufer zuzurechnen ist. Außerdem muss der Verbraucher beweisen, dass die Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach Lieferung der Verkaufssache offenbar geworden ist.

Der Fall:
Die Klägerin erwarb im Jahr 2008 von einem Autohaus einen Gebrauchtwagen. Vier Monate nach dem Erwerb fing das Fahrzeug während einer Fahrt Feuer und brannte vollständig aus. Das Fahrzeug wurde zu dem Autohaus verbracht und sodann auf dessen Bitte zu einem Verschrottungsunternehmen wo es gelagert wurde. Am 8. Mai 2009 wurde das betreffende Fahrzeug verschrottet, nachdem das Autohaus darüber informiert worden war. Die Brandursache war hierdurch nicht mehr feststellbar.

Vor Gericht machte die Klägerin Schadenersatz in Höhe des Kaufpreises sowie Ersatz des Wertes der in dem Fahrzeug befindlichen sonstigen Gegenstände geltend. Das Gericht, welches den Rechtsstreit zu entscheiden hat, hat im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens dem Europäischen Gerichtshof die Angelegenheit vorgelegt um unter anderem klären zu lassen, wie die in Artikel 5 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 (EU) vorgenommene Beweislastverteilung funktioniert und insbesondere welches die Umstände sind, die der Verbraucher beweisen muss.

Die Entscheidung:
Zu dieser Frage hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass

  1. Der Verbraucher vortragen und den Beweis erbringen muss, dass das verkaufte Gut nicht vertragsgemäß ist, da es z.B. nicht die im Kaufvertrag vereinbarten Eigenschaften aufweist oder sich nicht für den Gebrauch eignet, der von einem derartigen Gut gewöhnlich erwartet wird. Der Verbraucher muss nur das Vorliegen der Vertragswidrigkeit beweisen. Er muss weder den Grund für die Vertragswidrigkeit noch den Umstand beweisen, dass sie dem Verkäufer zuzurechnen ist.
     
  2. Der Verbraucher beweisen muss, dass die in Rede stehende Vertragswidrigkeit binnen sechs Monaten nach der Lieferung des Gutes offenbar geworden ist, also sich ihr Vorliegen tatsächlich herausgestellt hat.
      
  3. Wenn diese Tatsachen nachgewiesen sind, ist der Verbraucher vom Nachweis befreit, dass die Vertragswidrigkeit bereits zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes bestand. Das Auftreten dieser Vertragswidrigkeit in dem kurzen Zeitraum von sechs Monaten erlaubt die Vermutung, dass sie zum Zeitpunkt der Lieferung zumindest im Ansatz bereits vorlag, auch wenn sie sich erst nach der Lieferung des Guts herausgestellt hat.
     

Quelle: EuGH, Urteil vom 04.06.2015 - C-497/13