Betriebsübernahme_Wittmer

Paradebeispiel für erfolgreiche Übernahme

Landmaschinenmechanikermeister Stefan Wittmer hat den Betrieb seines Ausbildungsmeisters erfolgreich übernommen und präsentiert die Firma am neuen Betriebssitz
 

Als Stefan Wittmer im Betrieb des Landmaschinenmechanikermeisters Rudolf Gadinger seine Ausbildung absolvierte, verschwendete er keinen Gedanken daran, dass er diesen Betrieb einst übernehmen würde. 2012 hielt er - nach weiteren Stationen beruflicher Tätigkeit und einer berufsbegleitenden Weiterbildung zum Servicetechniker- schließlich selbst den Landmaschinenmechaniker-Meisterbrief in den Händen. Während der Meisterausbildung war er bereits seit drei Jahren wieder bei seinem ehemaligen Ausbildungsbetrieb als Geselle beschäftigt. Zum 1. Januar 2015 übergab Rudolf Gadinger aus Altersgründen den Betrieb an Stefan Wittmer. Aufgrund der ungünstigen infrastrukturellen Lage des Betriebes in der Ortsmitte von Maikammer und den damit einhergehenden eingeschränkten Wachstumschancen, beschloss das Ehepaar Wittmer eine neue Betriebsstätte im Industriegebiet von Kirrweiler zu errichten. So entstand 2016 innerhalb von acht Monaten eine moderne Halle auf dem 2.500 Quadratmeter großen Gelände mitten in den Weinbergen der Haardt. Dass der Neubau so zügig vonstatten ging, ist auch der permanenten Bauüberwachung durch den Chef zu verdanken. Mit 480 Gitterboxen im Gepäck erfolgte der Umzug. Kein einfaches Unterfangen, doch wo ein Wille, da ein Weg! Alle seine früheren Kollegen konnten in den neuen Betrieb übernommen und darüber hinaus zwei Gesellen, ein Auszubildender und eine Aushilfe für den kaufmännischen Bereich neu eingestellt werden.

Der 34-jährige Stefan Wittmer hat das Risiko der Selbstständigkeit und die damit verbundene Verantwortung nicht gescheut. Begleitet hat ihn auf diesem Weg der Betriebsberater der Handwerkskammer, Jan Leyser, der schon Gadinger bei der Nachfolgeberatung und später Wittmer bei der Existenzgründung und der Finanzierung des Neubaus mit Rat und Tat zur Seite stand. In mehreren Beratungsgesprächen wurde das Übernahmevorhaben und die Neuansiedlung diskutiert und Zug um Zug vorangetrieben. Weitere Unterstützung leistete Agnesa Muhic, die technische Beraterin der Handwerkskammer, die die Neuansiedlung in Kirrweiler näher unter die Lupe nahm. „Ohne die Hilfe der beiden Berater wäre ich nicht da, wo ich jetzt bin“, zeigt sich Wittmer dankbar für die Unterstützung von der ersten Idee bis hin zur Umsetzung.

Heute beschäftigt er fünf Mitarbeiter, darunter seinen ehemaligen Lehrherrn Gadinger, der aus Freude am Beruf gerne noch im Betrieb mitarbeitet, plus zwei Auszubildende. Rudolf Gadinger freut sich, seine langjährige Erfahrung einbringen zu können. „Herr Gadinger war von Anfang an bei allen wichtigen Terminen mit im Boot“, bestätigt Wittmer und ist froh über den fachkundigen Beistand. Ehefrau Svenja leitet als gelernte Steuerfachwirtin das Büro des Betriebes. Mehr als zufrieden zeigt sich Wittmer mit dem bisherigen Geschäftsverlauf in der ersten Saison in den neuen Räumlichkeiten. „Zwar sind immer noch einige Abläufe zu optimieren“ räumt er ein, „doch es war in dieser kurzen Zeit auch nicht zu erwarten, dass alles perfekt ist. Wir stellen im täglichen Ablauf immer wieder Möglichkeiten fest, die Prozesse zu verbessern und setzen das dann auch möglichst schnell um“ erläutert Wittmer die Strategie. Neben dem Verkauf von Kleingeräten liegt der Schwerpunkt seiner Arbeit auf Reparatur- und Wartungsarbeiten an Landmaschinen, die im Weinbau eingesetzt werden. Die Reparaturen finden oft vor Ort in den Weinbergen statt, da es zu umständlich wäre, das schwere Gerät in die Werkstatt zu bringen. Da manche Reparaturen jedoch in der Werkshalle durchgeführt werden müssen, wurde dafür eigens ein Abschleppwagen angeschafft. Hier liegt die Stärke des Unternehmens: die Instandsetzung der Maschinen innerhalb kürzester Zeit. Das ist deshalb wichtig für die Kunden, da diese während des Arbeitseinsatzes im Weinberg nicht längere Zeit auf ihre Landmaschinen verzichten können; oft zählt jeder Tag. Gerade im Sommer beschränkt man sich auch mal auf Notreparaturen, während dann im Winter, wenn das Geräte nicht im Einsatz ist, nochmals mehrere Tage benötigt werden, um es fachgerecht instand zu setzen. Allein in den Wintermonaten stehen 20 bis 25 Akkurebscheren pro Tag zur Reparatur an. Die kalte Jahreszeit wird auch dazu genutzt, den eigenen Maschinenpark wieder auf Vordermann zu bringen. Um seinen Kunden schnell und zuverlässig helfen zu können, ist ein umfangreiches Ersatzteillager erforderlich. 400 Quadratmeter auf zwei Etagen müssen immer wieder aufgefüllt werden, damit alles vorhanden ist, wenn es benötigt wird. „Manchmal kommt es vor, dass Kunden in der Nachbarschaft schnell einkaufen gehen und bis dahin versuchen wir, mit vereinten Kräften die Reparatur zu erledigen. Was aber nur durch die immense Lagerhaltung funktioniert.“ beschreibt der Jungunternehmer die Lage.

Derzeit sieht Wittmer seine betriebliche Kapazitätsgrenze erreicht. In den kommenden fünf Jahren möchte er den Betrieb in seinem derzeitigen Umfang stabilisieren anstatt kurzfristig auf Erweiterung zu setzen. „Es ist schwierig gutes Personal zu finden, daher bilden wir gerne selbst aus.“, sagt er. „Das Berufsbild hat sich im Lauf der Jahre sehr gewandelt - am Anfang gab es den Dorfschmied, der sich über den Landmaschinenschlosser zum Landmaschinenmechaniker und mittlerweile zum Mechatroniker für Land- und Baumaschinentechnik 4.0 entwickelt hat.“ Um interessierte Jugendliche näher kennenzulernen und ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, vorab in den Beruf hinein zu schnuppern, erachtet der Betriebsinhaber ein Praktikum für beide Seiten als sehr aufschlussreich. Auch der derzeitige Auszubildende hat nach der Mittleren Reife erst einmal ein Praktikum absolviert, um zu sehen, was sich hinter dem vielseitigen Beruf des Landmaschinenmechanikers verbirgt.

Darüber hinaus präsentiert sich der Handwerksmeister mit seinem Betrieb als attraktiver Arbeitgeber, der seinen Mitarbeitern neben übertariflicher Bezahlung auch Sozialleistungen wie Weihnachts- und Urlaubsgratifikation gewährt sowie die komplette Arbeitskleidung zur Verfügung stellt und reinigt. Ein vertrauensvolles Verhältnis zu seinen Mitarbeitern ist dem Inhaber wichtig: „Kurze Dienstwege sind das A und O. Jeder kann zu mir kommen und seine Ideen und Vorstellungen mit mir besprechen.“ Privat steht seine Familie, seine Frau und die kleine Tochter an erster Stelle, doch irgendwie findet Stefan Wittmer noch die Zeit, sich bei der freiwilligen Feuerwehr ehrenamtlich zu engagieren.

An regionalen Aktivitäten engagiert er sich auch mit seinem Betrieb. Hierzu gehört unter anderem die jährliche Teilnahme am Pfälzer Gartenmarkt, einer Messe in Maikammer. Ansonsten sieht Wittmer für sein Unternehmen, was Marketing und Werbung angeht, noch Handlungsbedarf. Noch fehlt ein gut sichtbares Firmenschild und auch die Homepage soll neu gestaltet werden. Sicherlich findet sich noch die ein oder andere Möglichkeit, etwas mehr auf sich aufmerksam zu machen. Das sind die nächsten Herausforderungen, die auf der Agenda stehen.

Mehr Infos zur kostenfreien Betriebsberatung der Handwerkskammer und Unterstützung bei der Betriebsnachfolge unter 0631/3677-109.