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Elke Wickerath HWK
Aiden Issa hat viele Hürden überwunden und seine Meisterprüfung im SHKHandwerk bestanden.

27.01.2023 - erschienen in: Deutsches Handwerksblatt 01/2023, Kammer-Report"Die Zeit läuft und kommt nie zurück"

Elke Wickerath traf den SHK-Meister Aiden Issa in Landau. Eine syrische Erfolgsgeschichte.

Von den Integrationskursen bis zu einer Ausbildung im Handwerk ist es für Geflüchtete oft ein langer Weg: Mangelnde Schulausbildung, unterschiedliche Schulsysteme, Sprach- und Motivationsdefizite sind gravierende Hürden.

Der Syrer Aiden Issa hat all diese Barrieren überwunden. Der 1991 in Nordsyrien geborene Emigrant kam Ende 2016 mit seiner Frau und seinem Sohn nach Deutschland. Seine Geschichte steht für viele seiner Landsleute – sein Werdegang in Deutschland ist jedoch außergewöhnlich. Auf eine lange Schul- oder Berufsausbildung kann er nicht zurückblicken. Nach einem fünfjährigen Grundschulbesuch unterstützte er mehrere Jahre lang seine Eltern bei der Feldarbeit, bevor es ihn für drei Jahre nach Istanbul verschlug.

Über syrische Freunde, die in Deutschland lebten, kam er zuerst nach Erlangen, wo er einen sechsmonatigen Deutschkurs absolvierte. Dieser reichte jedoch nicht aus, um beruflich Fuß fassen zu können. Hinzu kam, dass er aus Syrien keinerlei Schulabschlusszeugnisse mitgebracht hatte. Dennoch wollte er unbedingt eine Ausbildung machen und erkundigte sich bei der Agentur für Arbeit nach seinen Möglichkeiten. Bei einem Eignungstest schnitt er so gut ab, dass er im "Zentrum für Arbeit und Bildung" (ZAB) in Frankenthal ein Schuljahr absolvieren konnte und die Berufsreife mit "sehr gut" abschloss. "Trotz aller Sprachprobleme, die mich sehr frustrierten, verlor ich nie mein Ziel aus den Augen", sagt der heutige Handwerksmeister.

Anschließend begann Aiden Issa seine Ausbildung im SHK-Betrieb Grumbach und Hoffmann in Ludwigshafen und verkürzte diese auf drei Jahre. Der Berufsschulunterricht war für ihn eine große Herausforderung. "Ich musste doppelt so hart kämpfen wie andere Auszubildende – mit der deutschen Sprache und den fachlichen Begriffen. Und das Lernen aus Büchern fiel mir schwer." Trotz allem bestand er seine Gesellenprüfung mit "gut".

Im Nachhinein würde er sich wieder für diesen Beruf entscheiden, denn er sei umfassend und anspruchsvoll. "Im SHK-Handwerk muss man technisch am Ball bleiben und es hat für mich oberste Priorität, mich weiterentwickeln zu können", so Issa. Da er in einem Betrieb mehr Verantwortung übernehmen wollte, traf er die Entscheidung, eine Meisterausbildung anzuschließen. Die Fördermöglichkeiten motivierten ihn: "Viele wissen leider gar nicht, welche Chancen der deutsche Staat allgemein und gerade uns Geflüchteten an Aus- oder Fortbildungen bietet. Ich bin dem Land sehr dankbar, dass mir diese Wege offenstanden." Sein größter Wunsch war es, nach Abschluss der Meisterprüfung eine Festanstellung zu finden, die es ihm ermöglicht, Planungen im Büro sowie Tätigkeiten auf der Baustelle zu kombinieren. Vielleicht könne er später einmal in einem Berufsbildungszentrum unterrichten. Denn es habe ihn nachhaltig begeistert und beeindruckt, wie die Ausbilder und Dozenten den handwerklichen Nachwuchs unterstützen und fördern.

Zweifellos hat Aiden Issa jetzt schon eine beeindruckende Laufbahn in Deutschland hinter sich. Auf die Frage, wie er dies überhaupt bewerkstelligen konnte, lachte er und antwortete: "Wussten Sie, dass in Syrien jeder Name eine Bedeutung hat?" Seinem Sohn gab er den Namen "Dawran", was bedeutet: "Die Zeit läuft und kommt nie zurück". Das würde er gerne seinen syrischen Mitstreitern in Deutschland mit auf den Weg geben: "Leben im Hier und Jetzt, Chancen nutzen und nicht in der Vergangenheit und der eigenen Geschichte hängen bleiben!"

Aiden Issa hat im November 2022 seine Meisterprüfung mit gutem Erfolg abgeschlossen. Nun wünscht er sich, bei einer festen Anstellung die Verantwortung als Meister zu übernehmen.

Aiden Issa mit seinem Chef Michael Grumbach.
Grumbach und Hoffmann Sanitär- und Heizung GmbH
Aiden Issa mit seinem Chef Michael Grumbach.

Hintergrund
Seit 2014 wurden über sechs Millionen Syrer aus ihrer Heimat vertrieben, weitere sechs Millionen sind noch innerhalb ihres Landes auf der Flucht. Sie stellen die größte Gruppe unter den Schutzsuchenden in Deutschland. Ende des Jahres 2021 lebten etwa 868.000 Menschen aus Syrien in Deutschland; zehn Jahre früher waren es rund 33.000.
Quelle: Statista Research Department