Interview - 25.02.2022 - erschienen in: Deutsches Handwerksblatt Nr. 3, Regionalausgabe PfalzEinmal Südtirol und zurück
Bäckerin und Konditorin Lara Fabienne Schäfer war drei Wochen lang zu Gast in einer der besten Patisserien weltweit. Von ihrem Auslandspraktikum in Italien bringt sie nicht nur neue Ideen und Rezepte mit zurück, sondern auch jede Menge Motivation für ihre Meisterausbildung.
Wer die Bäckerei von Felix Schäfer in Altenglan in der Nähe von Kusel betritt, wird nicht nur vom Duft nach frischem Brot und Kuchen begrüßt, sondern meistens auch von seiner Tochter Lara Fabienne. Die 24-jährige junge Handwerkerin, die mittlerweile die Ausbildungen zur Bäckerin und zur Konditorin abgeschlossen hat, ist im Betrieb ihrer Familie groß geworden. Das Backen wurde erst zu ihrem Hobby, später auch zu ihrem Beruf. Ihre Lehre schloss sie in der elterlichen Bäckerei ab. Seit Ende Januar befindet sie sich nun in der Meisterausbildung. Lara Fabienne wollte jedoch noch mehr lernen und erleben, überregionale Erfahrungen sammeln und dabei „über den Tellerrand hinaus schauen“. Von Ende August bis Mitte September 2021 absolvierte die junge Bäckerin und Konditorin ein Auslandspraktikum in Norditalien. Ihr Gastbetrieb war die Acherer Patisserie Blumen in Bruneck, einer kleinen Stadt in Südtirol. Der Betrieb gehört zu den 40 besten Patisserien weltweit – und bietet jungen, wissbegierigen Menschen die Chance, ihr Unternehmen und das dort ausgeübte Handwerk kennenzulernen. Der Lernaufenthalt wurde durch die Initiative „Erasmus+ Berufsbildung“ möglich. Francesca Venturella, Mobilitätsberaterin der Handwerkskammer der Pfalz im bundesweiten Netzwerk „Berufsbildung ohne Grenzen“ (BoG), plante und organisierte den Auslandsaufenthalt für die angehende Bäckermeisterin. BoG bietet betriebliche Beratungen zu Auslandspraktika für Auszubildende und junge Fachkräfte an – sogar für junge Meister. Wir haben mit Lara Fabienne Schäfer über die Erfahrungen gesprochen, die sie in Südtirol gemacht hat.
Handwerksblatt: Frau Schäfer, was hat Sie dazu bewogen, vor Beginn Ihrer Meisterausbildung noch ein Auslandspraktikum zu machen? Was haben Sie sich davon versprochen?
Schäfer: Nach meiner Konditorausbildung war ich schon einmal im Ausland, damals war ich acht Wochen lang in Frankreich. Das war eine tolle Erfahrung, weil man neue Leute und neue Rezepte kennenlernen und einfach auch mal andere Eindrücke sammeln konnte. Nachdem meine Bäckerausbildung abgeschlossen war, wollte ich diese Erfahrungen noch einmal machen. Bei der Patisserie Acherer in Südtirol hatte ich die Möglichkeit, eine ganz andere Stilrichtung kennenzulernen und über die Landesgrenzen hinauszuschauen. Denn Backen ist unheimlich vielseitig: Jedes Land hat seine eigenen Spezialitäten und ich wollte sehen, welche weiteren Möglichkeiten ich habe. Ich konnte dort aktiv mitarbeiten, alle Rezepte einsehen und auch mit nach Hause nehmen. Aber natürlich haben wir auch über deutsche Backwaren gesprochen, die man dort nicht kennt, beispielsweise Schwarzwälder Kirschtorte oder Frankfurter Kranz.
Handwerksblatt: Würden Sie anderen Handwerkerinnen und Handwerkern ein Auslandspraktikum empfehlen? Wie wurden Sie bei der Organisation unterstützt?
Schäfer: Auf jeden Fall. Ein Praktikum im Ausland bringt einen persönlich weiter, da man selbstbewusster und selbstständiger wird, aber natürlich auch fachlich. Ich würde es jedem empfehlen, dieses Angebot der Handwerkskammer anzunehmen. Die Mobilitätsberatung der Handwerkskammer bietet die Auslandsaufenthalte für alle Berufe an, nicht nur für Bäcker oder Konditoren.
Ich bin von Francesca Venturella toll unterstützt worden, sowohl hinsichtlich der finanziellen Förderung im Erasmus-Programm als auch bei der Suche nach einer Unterkunft. Frau Venturella hatte mit der Patisserie Acherer einen Betrieb gefunden, der super zu meinen Interessen gepasst hat. Auf eigene Faust hätte ich das nicht alles organisieren können.
Handwerksblatt: Profitiert auch die Bäckerei Ihrer Eltern davon, dass Sie Einblick in neue Arbeitsmethoden bekommen haben?
Schäfer: Für meinen Vater war es natürlich erstmal stressig, dass ich drei Wochen bei der täglichen Arbeit in der Backstube gefehlt habe. Aber es kommt bei unseren Kunden gut an, dass wir wieder neue Sachen ausprobieren und anbieten. Wir planen beispielsweise eine „Italienische Woche“, bei der wir viele der neuen Rezepte, die ich aus Südtirol mitgebracht habe, nachbacken werden. Eine gute Werbung für den Betrieb ist es also auf jeden Fall, er wird außerdem als Ausbildungsbetrieb attraktiver. Es ist auch gut, der „Betriebsblindheit“, die man im Laufe der Jahre bekommt, neue Ideen entgegenzustellen. Nur so kann sich der Betrieb weiterentwickeln.
Handwerksblatt: Welche neuen Erfahrungen haben Sie beeindruckt? Gibt es Produkte oder Fertigungstechniken, die Sie aus der heimischen Bäckerei noch nicht
kannten?
Schäfer: Die Patisserie Acherer ist viel größer als unser Betrieb hier in Altenglan, entsprechend haben sie dort auch andere Arbeitsgeräte, beispielweise eine Maschine zur Pralinenherstellung. Dort werden mit industriellen Hilfsmitteln größere Mengen in kürzerer Zeit produziert als hier. Aber es war schön zu sehen, dass die handwerklichen Fertigkeiten sich gleichen. Der Unterschied bestand hauptsächlich in den Zutaten, in der Zusammensetzung der Produkte und den Geräten.
Handwerksblatt: Direkt im Anschluss an Ihr Auslandspraktikum haben Sie am Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerks teilgenommen und sind 1. Landessiegerin geworden, sogar im Bundeswettbewerb angetreten. Was haben Sie für sich mitnehmen können?
Schäfer: Ich habe meinen Auslandsaufenthalt, der eigentlich für einen Zeitraum von sechs Wochen geplant war, für den Kammerentscheid im Leistungswettbewerb sogar nach drei Wochen vorzeitig beendet. Man hat ja nur einmal die Chance, dort teilzunehmen und es war schon während der Ausbildung mein Ziel, am Wettbewerb mitwirken zu können. Die Vorbereitung und die Wettbewerbstage waren schon stressig, aber beim Landesentscheid in Koblenz zu gewinnen, war einfach ein tolles Gefühl. Dann ging es vier Tage nach Weinheim, wo ich viele andere Bäckerinnen und Bäcker kennengelernt habe, die genauso stolz auf ihren Beruf sind wie ich, genauso für ihr Handwerk brennen. Auch wenn man kein Sieger wird – es lohnt sich in jedem Fall, am Wettbewerb teilzunehmen. Schon alleine wegen der vielen neuen Erfahrungen kann man nur gewinnen.
Handwerksblatt: Der nächste berufliche Schritt für Sie ist die Fortbildung zur Bäckermeisterin. Möchten Sie später einmal den elterlichen Betrieb übernehmen und selbst ausbilden?
Schäfer: Voraussetzung dafür wäre, noch zusätzliches Personal für den Betrieb zu finden. Wir sind im Moment auf der Suche nach neuen geeigneten Auszubildenden, um uns zu verstärken. Zum einen für den Verkauf, zum anderen für die Backstube. An Arbeit mangelt es uns jedenfalls nicht. Der Beruf hat Zukunft, gute regionale Backwaren werden auch künftig gebraucht und geschätzt werden. Das versuchen wir den jungen Menschen zu vermitteln.