11.03.2022 - erschienen in: Deutsches Handwerksblatt Nr. 4, Regionalausgabe PfalzZwei Leben für das Zimmererhandwerk
Generationswechsel: 57 Jahre arbeitete Bernhard Kraushaar in seinem Unternehmen als Zimmerer. In der vierten Generation führt jetzt sein Sohn Bernd die Geschäfte von „Holzbau Kraushaar“ in Neuhofen.
Mein Beruf wurde mir sozusagen in die Wiege gelegt“, sagt Bernhard Kraushaar (72). Ende 2021 ging der aus einer Zimmermannsfamilie in Neuhofen in der Vorderpfalz stammende Zimmerermeister in den wohlverdienten Ruhestand. „Der Bernhard wird mal Zimmermann“, hört er seinen Vater Richard Kraushaar sagen. Der war ebenfalls Zimmermann und hatte 1964 den 1920 von seinem Vater gegründeten Betrieb übernommen.
Wenn Bernhard Kraushaar, der Geschäftsgründer von „Holzbau Kraushaar“, sein Leben Revue passieren lässt, blickt er in eine Zeit, in der er als kleiner Junge seinen Spielplatz noch in der Werkstatt hatte. Einer Zimmermannslehre von 1964 bis 1967 folgte 1973 an der Zimmereifachschule in Tübingen die Prüfung als Zimmerermeister. „Übers Jahr haben wir Dächer aufgeschlagen, in den Wintermonaten Treppen aus Holz gefertigt.“ Spricht Bernhard Kraushaar von Dächer aufschlagen, bezieht sich diese Arbeit ausschließlich auf das Aufstellen des Dachgebälks. „Das Dach mit Ziegeln einzudecken, war Aufgabe des Dachdeckers.“ Seine Lieblingswerkzeuge zu der Zeit waren die Bundsäge, eine Handsäge und ein Winkel zum Anreißen. Eine CNC-Maschine, wie sie heute in jeder Zimmermannswerkstatt vorhanden ist, habe es damals noch nicht gegeben.
1985 hat Bernhard Kraushaar den Betrieb seines Vaters Richard Kraushaar übernommen. „Damals waren wir acht Mitarbeiter.“ Er selbst hatte ein Faible für den Treppenbau, „eine arbeitsintensive Einzelfertigung“. Auch wenn sich das Fertigungsprogramm im Laufe der Zeit von Dachstühlen über Holzanbauten bis hin zum kompletten Haus aus Holz erweiterte, hat Bernhard Kraushaar dem Treppenbau eine Sparte in seinem Betrieb bewahrt. Davon zeugt die Ausstellung mit unterschiedlichen Treppenformen im Eingangsbereich des Unternehmens in der Daimlerstraße 12. 1993 errichtete der Firmeninhaber eine neue Fertigungshalle mit 2.400 Quadratmetern Arbeitsfläche, einschließlich Räumen für die kaufmännische Verwaltung. Mit Unterstützung seines Sohnes Bernd Kraushaar (45), der 2003 in die Firma eintrat und zuvor einer Zimmermannslehre die Meisterprüfung folgen ließ, hat sich das Unternehmen der Zeit entsprechend neu ausgerichtet. „Wir sorgen dafür, dass von der Planung über den Bauantrag bis zur Fertigung, von der Konstruktion über die Statik bis zum Ziegel alles passt“, beschreibt Bernd Kraushaar den Dachausbau aus einer Hand.
Nicht weit war für den Juniorchef der Weg vom Dachausbau zum Holzhausbau und zum Objektbau. Während der Holzhausbau mit Anbau und Aufstockung mehr im privaten Sektor gefragt ist, kommt der Objektbau mit Bauten für Firmen und Kommunen dem öffentlichen Bereich entgegen. Entsprechend gestiegen seien die Anforderungen an Wärmedämmung, Energieeinsparung und Luftdichtigkeit der Projekte. Die Zahl der Mitarbeiter hat sich zwischenzeitlich auf 18 erhöht. Bei der täglichen Arbeit im Betrieb und auf der Baustelle hat die schwarz-weiße Zimmermannskluft ausgedient. Im Rahmen einer einheitlichen Corporate Identity hat der Juniorchef sie durch schwarze Cargo-Kleidung ersetzt. „Die Zimmermannskluft wird nur noch zu besonderen Anlässen, wie beispielsweise dem Richtfest, getragen“, so der Juniorchef.
Wenn Bernhard Kraushaar davon spricht, dass ihm die Zeit früher besser gefallen hat, dann, weil die Kunden toleranter gewesen und die Technik noch nicht so weit fortgeschritten war. Die letzten 30 Jahre hat er sich neben der Produktion auch der Auftragsbearbeitung angenommen. „Ich bin ein Mann der alten Schule, den die körperliche Arbeit zuletzt ermüdet und die Tätigkeit am Schreibtisch psychisch erschöpft hat.“ 30 Jahre stand der heutige Ehrenobermeister der Zimmerer-Innung Vorderpfalz als Obermeister vor. Auch wenn er jetzt mehr Zeit für seine drei Enkelkinder hat, die er gerne in seinen Fußstapfen sähe, er Zeit für Radfahren und Schwimmen findet, sucht Bernhard Kraushaar zwei bis drei Stunden täglich noch den Betrieb auf, um Restprojekte aufzuarbeiten.
Kontakt bei der Handwerkskammer der Pfalz zum Thema Betriebsnachfolge: Silke Eichten, Tel.: 0621/53824-81; E-Mail: seichten@hwk-pfalz.de.
Text: Joachim Schwitalla