09.09.2022 - erschienen in: Deutsches Handwerksblatt Nr. 14, Regionalausgabe Pfalz"Wir haben unsere Nische gefunden"
Die Metzgerei Gries in Waldmohr setzt sich für Nachhaltigkeit und Biodiversität ein und hofft dabei auf Unterstützung aus der Politik.
Wir sind dabei, wenn es um den Schutz des Klimas und der Umwelt geht“, sagt Melanie Temmes. Wie vielen Handwerksbetrieben in Rheinland-Pfalz ist es der Fleischermeisterin ein Anliegen, das von der EU-Kommission Ende 2019 beschlossene Nachhaltigkeitsprogramm „Green Deal“ zu unterstützen. 2018 übernahm die Fleischermeisterin den Betrieb ihrer Eltern Gerhard und Mathilde Gries, die Metzgerei Gries in Waldmohr. Für die Betriebswirtin des Handwerks war es eine Ehre, an der kürzlich in Brüssel stattgefundenen Netzwerkveranstaltung „Green Deal – Das Handwerk packt an“ teilnehmen zu dürfen. Dazu eingeladen hatten die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt, die Arbeitsgemeinschaft der rheinland-pfälzischen Handwerkskammern sowie die Mainzer Staatskanzlei. Mit im Podium war auch Katarina Barley, Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments.
„Wir kooperieren seit vielen Jahren mit der Landwirtschaft in der Region“, verweist Temmes auf die Herkunft der Tiere, die das Fleisch für ihre Metzgerei liefern. Alte Rassen wie das Glanrind gehörten neben Schweinen und Lämmern bevorzugt zu den Tieren aus der Region, die montags im Schlachthof in Zweibrücken geschlachtet werden. „Kurze Transportwege der Tiere zwischen Produzent und Schlachthof tragen zum Tierwohl und zur Verminderung von CO2-Emmissionen bei.“ Die Zerlegung der geschlachteten Tiere findet in der eigenen Metzgerei in Waldmohr statt. „Wir sind ein Familienbetrieb, in dem sich jeder Mitarbeiter wohlfühlt. Wir sind füreinander da, hören gegenseitig zu und finden für alles eine Lösung.“ Energietechnisch setzt der Betrieb auf den Einsatz von Solartechnik, eine Anlage zur Wärmerückgewinnung aus einer neuen Kühltechnik und auf LED-Beleuchtung in den Betriebsräumen.
Nachhaltigkeit sei ein Schwerpunkt der Diskussion in Brüssel gewesen, erinnert Melanie Temmes. Doch dazu bedürfe es auch qualifiziertes Personal. Das fehle sowohl in der Landwirtschaft als auch im Handwerk. Handwerkliche Arbeit müsse bessergestellt werden, denkt sie an eine Senkung der Lohnnebenkosten. „Ich alleine kann die Welt nicht ändern“, erhofft sie sich eine Unterstützung aus der Politik. Nicht jeder sei für ein Studium geboren, auch könne nicht jeder Manager werden, verweist sie auf Versäumnisse der Bildungspolitik. „Man hat uns den Hauptschulabschluss weggenommen.“ Ein guter Hauptschulabschluss plus Lehre sei für viele Jugendliche ein Fundament für ihre Zukunft gewesen.
Weiter plädiert Melanie Temmes für eine Steigerung der Biodiversität: „Sonst haben wir bald kein Rindvieh mehr auf dem Feld.“ Die Vielfalt von Pflanzen und Tieren sei unsere Lebensgrundlage. Fleisch sei ein hochwertiges Nahrungsmittel und habe eine hohe biologische Wertigkeit, führt sie an. „Unsere Kunden essen gerne Fleisch“, verweist sie auf alle Altersgruppen. Auf die Zunahme von Verbrauchermärkten und Discountern angesprochen, meint die Fleischermeisterin: „Wir haben unsere Nische gefunden“. Sie erinnert an ihr Ladengeschäft, in dem sich die Kunden wohlfühlen sollen, auf die Regionalität ihrer Produkte, auf ein tägliches Mittagessen, auf einen Partyservice, auf ihr meistverkauftes Produkt – den Pfälzer Saumagen – und einen Onlineshop.
Die von Melanie Temmes geführte Metzgerei Gries beschäftigt zwei Fleischermeister, einen Gesellen, zwei Auszubildende und eine Fachverkäuferin. Die Metzgerei ist ein alteingesessenes Fleischerfachgeschäft, das ihr Vater Gerhard Gries 1980 übernommen hatte.
Bei Interesse am Thema „Nachhaltigkeit im Betrieb“ steht Max Becker von der Handwerkskammer der Pfalz zur Verfügung: Tel.: 0631/3677-108; E-Mail: mbecker@hwk-pfalz.de.